Wenn Kleinigkeiten komplex werden
In einer meiner letzten Supervisionen ging es um ein Thema, das in vielen Teams immer wieder für Frust sorgt: Aufgaben, die eigentlich klar sein sollten, werden nicht verlässlich erledigt. Der Ärger darüber war groß, denn es handelte sich um einen Prozess, der regelmäßig durchlaufen wird und längst Routine sein sollte. Doch genau hier lag das Problem – was als „klar“ vorausgesetzt wurde, war alles andere als klar.
Der Aha-Moment: Unterschiedliche Vorstellungen über dasselbe Ziel
Um dem Ärger auf den Grund zu gehen, habe ich den Prozess als Überschrift an ein Flipchart geschrieben. Danach bat ich die Teilnehmer:innen, zu erklären, wie diese Arbeit konkret zu erledigen sei. Und dann passierte etwas Erstaunliches: Jede:r hatte eine andere Vorstellung davon, wie der Prozess ablaufen sollte. Was für die eine Person selbstverständlich war, war für die andere unverständlich oder wurde ganz anders interpretiert. Es gab schlicht kein gemeinsames Verständnis.
Dieser Moment war ein Augenöffner. Der Ärger darüber, dass Aufgaben nicht zuverlässig erledigt wurden, hatte weniger mit mangelndem Engagement oder Unzuverlässigkeit zu tun – sondern mit fehlender Klarheit. Es wurde deutlich, dass der Prozess zwar bekannt war, aber nicht eindeutig definiert.
Die Lösung: Eine Checkliste für absolute Klarheit
Um dieses Problem zu lösen, haben wir gemeinsam eine Checkliste erarbeitet. Schritt für Schritt haben wir festgehalten, wie der Prozess ablaufen soll und welche Punkte dabei wichtig sind. Diese Checkliste schuf nicht nur Klarheit darüber, was zu tun ist, sondern auch darüber, wer wofür verantwortlich ist.
Interessant war dabei auch die Dynamik im Team: Während wir die Checkliste erstellten, kamen immer wieder Fragen auf wie „Warum machen wir das eigentlich so?“ oder „Wäre es nicht sinnvoller, das anders zu lösen?“ Der Prozess wurde durch die gemeinsame Arbeit nicht nur klarer, sondern auch effizienter – ein Nebeneffekt, den niemand erwartet hatte.
Die Erkenntnis: Kleinigkeiten sind oft komplexer als gedacht
Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, in dieser Sitzung mehrere Prozesse unter die Lupe zu nehmen. Doch am Ende haben wir es nur geschafft, einen einzigen Prozess vollständig zu klären. Das zeigt eindrucksvoll, wie komplex selbst vermeintliche Kleinigkeiten sein können – besonders dann, wenn sie nicht klar definiert sind.
Diese Erfahrung hat mir einmal mehr gezeigt: Was für eine Person selbstverständlich ist, kann für jemand anderen völlig unklar sein. Gerade bei wiederkehrenden Aufgaben lohnt es sich deshalb, innezuhalten und sicherzustellen, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis haben.
Fazit: Klarheit braucht Zeit
Die Arbeit an einem einzigen Prozess hat an diesem Tag mehr bewirkt als jede oberflächliche Durchsicht mehrerer Abläufe. Sie hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich Zeit für Details zu nehmen und Dinge wirklich gemeinsam zu klären. Denn klare Prozesse schaffen nicht nur Verlässlichkeit und Effizienz – sie reduzieren auch Konflikte und Frustration im Team.
Meine Einladung an dich: Schau dir in deinem Team einmal einen vermeintlich einfachen Prozess genauer an. Vielleicht wirst du überrascht sein, wie viele unterschiedliche Vorstellungen es dazu gibt – und wie viel Klarheit eine gemeinsame Definition schaffen kann.
Eben ganz im Sinne von „gemeinsam zur Lösung“ 🙂